Ganzheitliche Therapie

Wie stark beeinflusst die Psyche unsere Gesundheit?

Wie das Gehirn Optimisten belohnt

Eine spannende Frage, der Forscher jetzt nachgehen. Alles über den Optimisten-Faktor

Die Diagnose war niederschmetternd: Hodenkrebs mit Metastasen in Lunge und Hirn. Ärzte räumten dem 25-jährigen Amerikaner eine Überlebenschance von drei Prozent ein. Doch er nahm den Kampf auf, unterzog sich den stärksten Chemotherapien. Sie zerstörten seinen Körper, aber auch den Krebs. das Wunder geschah: Lance Amstrong wurde nicht nur gesund, er gewann später sogar das schwerste Radrennen der Welt, die Tour de France. Sein Geheimnis: „Meine Wiedergeburt ist das Ergebnis unbändigen Lebenswillens. Der Krebs hat Energien in mir geweckt, die ich nicht in mir vermutete. Ich habe mich ihm gestellt, ihm gesagt: Junge, du hast dir den falschen Körper ausgesucht.

Genau diese positive Einstellung hat ihn gerettet. Für US-Forscherin Margaret Kemeny ist Amstrong kein Einzelfall. Schon lange untersucht sie die unglaubliche Macht des Gehirns. Und sie weiß heute: Optimisten leben nicht nur länger, sie haben auch die Kraft, die schwierigsten Lebenssituationen und sogar Krankheiten zu bewältigen. Denn: „Es ist allein die Macht des Gehirns, die unseren Körper heilt“, sagt Kemeny. Diese spannende Entdeckung verdanken wir einem relativ neuen Forschungszweig – der Psychoneuroimmunologie. Wissenschaftler stellten fest: Unser Gehirn ist in der Lage, Stoffe zu produzieren, die sonst nur in hochpotenten Medikamenten vorkommen. Wissenschaftler haben auch untersucht, wie der Einfluss der Psyche auf das Immunsystem eigentlich zustande kommt. Prof. Manfred Schedlowski von der Universität Essen ist von der Macht der positiven Gedanken auf den Körper überzeugt. In seinem Institut arbeiten Forscher daran, diesen Einfluss trickreich zu nutzen, um das Immunsystem gezielt zu steuern, „Man weiß heute, dass sowohl die Bewegung der Immunzellen im Körper als auch die Funktion dieser Zellen nachhaltig durch Botenstoffe und durch Hormone beeinflusst werden. Und das ist der Weg, über den psychische Prozesse wie beispielsweise Stress, Freude oder Ärger unser körpereigenes Abwehrsystem erreichen.“

Krankmacher
Warum werden wir krank? „Weil in fast 90 % der Fälle der Informationsaustausch zwischen Immunsystem und Gehirn gestört ist“, sagt Prof. Ornstein. Wichtigste Ursachen: Einsamkeit, negativer Dauerstress, unterdrückte Gefühle. Effekt: geschwächte Abwehrkräfte, Schmerzen werden stärker empfunden, das Krebsrisiko erhöht sich messbar.

Doch die Essener Forscher gingen noch einen Schritt weiter. In einer aufsehenerregenden Studie untersuchten sie, wie man die Immunabwehr gezielt psychologisch schulen kann. das Experiment: Gesunde Patienten bekamen ein Medikament, das Immunreaktionen unterdrückt. Parallel dazu tranken sie jedes Mal einen pharmakologisch wirkungslosen Saft. Die Dosis wurde Schritt für Schritt reduziert. Am Ende reichte der Saftgeschmack aus, um die Immunabwehr zu senken. Blutuntersuchungen zeigten, dass das Immunsystem auf diese Weise tatsächlich seine Lektion gelernt hat. Ein Versuch, der auch folgenden Umkehrschluss zuläßt: Kann man mit einem einfachen Saft nicht die Anzahl von T-Lymphozyten im Blut erhöhen? Damit eröffnen sich bahnbrechende Möglichkeiten, die beispielsweise die gesamte Tumortherapie revolutionieren könnten. Dass würde beweisen, das unser Gehirn erfolgreicher heilen kann als das beste Krebsmedikament der Welt. Eine Überzeugung, die US-Neurologe Prof. Robert Ornstein teilt. Sein Statement: „Unser Gehirn ist die mit Abstand beste Apotheke der Welt.“

Wie stark eine positive Einstellung die Gesundheit beeinflussen kann, zeigen inzwischen verschiedene Studien. Aber: Sie belegen auch deutlich, dass negative Emotionen und Stress direkt die Produktion bestimmter Moleküle, nämlich der entzündungsfördernden Cytokine, stimulieren. Durch eine solche Stimulation können Erkrankungen von Herz und Gefäßen, Arthritis und andere Krankheiten ausgelöst werden. Langzeituntersuchungen der Mayo-Klinik mit 1500 Teilnehmern ergaben sogar, dass Pessimisten früher sterben. Im Blut der Optimisten fanden die Forscher auch doppelt so viele T- und Killerzellen – die Abwehrwaffen unseres Körpers. Doch wie wird man ein Optimist? Auch mit dieser Frage haben sich Experten auseinandergesetzt. „Wir müssen fest davon überzeugt sein, dass sich die Dinge für uns zum Guten wenden“, sagt US-Prof. Martin E. Seligmann. „Dann kann unser Körper alle notwendigen Kräfte mobilisieren, um wirklich jedes Problem zu lösen – also auch Krankheiten heilen.“ Und: „Jeder kann optimistisch werden, egal wie alt er ist.“ Denn Optimismus ist nichts weiter als eine Geisteshaltung – und die kann man gezielt antrainieren.

Welche Rolle das Gehirn bei Allergien spielt
Warum reagieren bewusstlose Allergiker nicht auf Pollen & Co? US-Allergieforscher sind dieser Frage jetzt nachgegangen. Ergebnis: Erst durch psychische Empfindungen (Erwartungen ,Ängste) werden im Gehirn Botenstoffe freigesetzt, die die Immunreaktion auslösen. das wiederum bedeutet, dass eine Therapie über die Psyche zur Symptomfreiheit führen kann. Ein Effekt, den die Hypnose bereits heute erfolgreich nutzt.

Wie das Gehirn die Heilung fördert
Dieser Test sorgte in US-Kliniken für Aufsehen: Forscher fügten besonders gestressten Frauen mit hohem Cortisolspiegel kleine Verletzungen zu. Die Vergleichsgruppe machte regelmäßig Entspannungsübungen. Effekt: Ihr Gehirn wurde dadurch mit weniger Stresshormonen belastet und sendete verstärkt Nervenimpulse, die den Heilprozess fördern. Ergebnis: Die Wunden der „entspannten“ Frauen heilten 25 Prozent schneller.

Wie das Gehirn dem Schlaganfall vorbeugt
Wie gut Optimismus sogar vor Schlaganfällen schützt, beweist eindrucksvoll die John-Hopkins-Studie, bei der 12 Jahre lang 600 Teilnehmer beobachtet wurden. das Ergebnis überraschte selbst die Forscher: Denn Menschen mit einer positiven Einstellung hatten ein deutlich verringertes Schlaganfall- und Herzinfarkt Risiko und eine um 20 Prozent höhere Lebenserwartung.

Wie das Gehirn vor Infarkten schützt
Wenn wir besonders glücklich sind, viel Sport treiben oder Sex haben, produziert unser Gehirn Unmengen von Endorphinen. Und diese Glückshormone sind offenbar ein Top-Schutzstoff gegen Infarkte. Eine Studie aus Israel mit 10 000 Teilnehmern zeigt: Je höher die Produktion von Glückhormonen, desto geringer ist der Anteil schädlicher Stresszellen im Blut. Effekt: Das Risiko von Herzinfarkt und Angina Pectoris sinkt um bis zu 75 Prozent.

Wie das Gehirn Rheuma auslöst
Wie gut Gehirn und Immunsystem kooperieren, zeigt eine Untersuchung des Center for Neuroscience (Colorado). Dringt ein Virus in den Körper ein, signalisieren so genannte Cytokine (Moleküle) dem Gehirn: Gefahr im Verzug. Der Hypothalamus löst dann Symptome wie Entzündungen und Fieber aus. Jetzt hat man entdeckt: Negative Gefühle und Stress können direkt die Produktion von Cytokinen stimulieren. Und dadurch werden übers Gehirn Rheuma und Arthritis ausgelöst.

Wie das Gehirn Krebs stoppt
Verblüffend: In Studien der Uni Bonn wurden jetzt Nervenfasern in Tumorgewebe nachgewiesen. Krebszellen stehen also in direkter Verbindung zum Gehirn. Eine sensationelle Entdeckung, die erstmals erklärt, warum unsere Gedanken tatsächlich Einfluss auf Tumorrückbildungen haben können. Und warum der unerschütterliche Glaube an Genesung so enorm wichtig ist.